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Was wirkt im Training?

Ein Beitrag vom 12.01.2016: Anna Georgi

Klaus Grawe, ein deutscher Psychotherapeut und Forscher stellte die Frage, was an einer Psychotherapie eigentlich wirkt, in den Mittelpunkt seiner Forscherkarriere. Es gibt zahlreiche, sich zum Teil widersprechende Konzepte zur Heilung psychischer Störungen – und die meisten helfen! Was also, wenn der Erfolg nicht an der Methode festzumachen ist, hilft eigentlich bei der Heilung psychischer Störungen?

Klaus Grawe wählte einen statistischen Zugang. Er forschte empirisch und verglich in einer Meta-Analyse 897 Studien zur Wirksamkeit von Therapien aus verschiedenen, psychologischen Richtungen. Er fand 5 Wirkfaktoren, die eine gelungene Therapie auszeichnen. Diese Wirkfaktoren sind:

  1. Therapeutische Beziehung
  2. Ressourcenaktivierung
  3. Problemaktualisierung
  4. Aktive Hilfe zur Problembewältigung
  5. Motivationale Klärung

Was wirkt im TrainingIch fragte mich, ob es nicht interessant sein könnte, diese Wirkfaktoren auf Trainings, zum Beispiel auf ein Führungskräftetraining zu übertragen. Wann ändert ein Training konkretes Verhalten im Alltag? Wann wirkt es also?

Die Qualität der therapeutischen Beziehung zeichnet sich durch gegenseitiges Vertrauen und den Glauben des Klienten aus, dass die Therapeutin ihm oder ihr helfen kann. Übertragen auf Trainings und die Beziehung zur Trainerin könnte das Gleiche gelten. Wenn ich eine gute Beziehung im Training aufbauen kann, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Teilnehmer aus ihrer Komfortzone heraustreten. Dann wird produktives Lernen und Üben möglich.

Grawes zweiter Wirkfaktor entspricht einer Überzeugung des Systemischen Ansatzes. Die Ressourcen des Klienten / Teilnehmers müssen gefunden und deutlich gemacht werden. Als Ressource kann dabei alles Hilfreiche verstanden werden. Fähigkeiten, Erfahrungen, Überzeugungen, Ideale, Beziehungen, Loyalitäten, Freunde… die Liste ließe sich schier endlos fortsetzen. Im Training setzen wir dort an. Welche Erfahrungen haben die Teilnehmer bereits mit diesem Thema? Was läuft bereits gut und in welchen Bereichen klappt´s? Dabei ist die Gruppe besonders wertvoll. Bei der gemeinsamen Suche finden sich Ressourcen leichter.

Auch der dritte Punkt entspricht meinen Erfahrungen. Das Problem muss in den Raum! Wir bei reSOURCE nutzen dazu Aufstellungen, Rollenspiele und Skulpturarbeit. Erst, wenn das Problem „da“ ist und verstanden wurde, kann überhaupt eine effektive Lösungssuche beginnen. Um das zu erreichen, muss ein Teilnehmer auch mal aus seiner Komfortzone raus. Das „Auf-den-Tisch-Packen“ ist nicht immer schön. Es schließt sich aber natürlich direkt die nächste Phase an, Input der Trainer und gemeinsame Anwendung auf das Problem und eine intensive Suche nach Lösungen für den Alltag, spielen im Training eine große Rolle. Am Ende nimmt jeder eine individuelle Lösung mit, die er oder sie dann ausprobieren können. Wenn ich wieder auf Grawe gucke: aktive Hilfe zur Problembewältigung nannte er seinen vierten Wirkfaktor. Das scheint mir auch für Trainings passend!

Nun zum letzten Wirkfaktor. Bisher haben die Ergebnisse der Therapieforschung ganz gut gepasst und man könnte sie als Wirkfaktoren für ein gelungenes Training verwenden. Training bedeutet ja nichts anderes als Verhaltensweisen so zu verändern, dass der Teilnehmer besser in seiner derzeitigen Situation handeln und bestehen kann, da gibt es durchaus Parallelen zur therapeutischen Arbeit. Beim fünften Wirkfaktor enden aber diese Parallelen. Motivationale Klärung meint, die Bedeutung des Erlebens und Verhaltens im Hinblick auf unbewusst ablaufende Prozesse, Ziele und Verletzungen zu klären. Das ist eindeutig Therapie und hat bei einem Training nichts verloren!

Meine Erkenntnis aus diesen Überlegungen: Verhalten lässt sich im Training nicht ohne weiteres ändern. Wenn das gelingen soll kommt es darauf an, dass:

  1. eine Beziehung zwischen Trainer und Gruppe aufgebaut wird,
  2. bereits vorhandene Ressourcen der Teilnehmer aktiviert werden können,
  3. Problemlagen im Training aktiviert werden und
  4. eine aktive und individuelle Hilfe zur Problemlösung im Alltag stattfindet.

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Kommentare

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  • #3: lina

    Für eine gelungene Psychotherapie müssen viele Faktoren zusammen kommen. Die Beziehung zum Therapeuten ist dabei besonders wichtig. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Therapie ohne den Faktor der Beziehung funktioniert. https://www.psychotherapie-innsbruck.at/psychotherapie

    21.10.2023 09:34 | Antworten

  • #1: Richard

    Gratuliere zu deinem Blog! Diskussionswürdig halte ich aus meiner Sicht vor allem die Aussage "Wenn ich eine gute Beziehung im Training aufbauen kann, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Teilnehmer aus ihrer Komfortzone heraustreten". Ich habe da eine etwas andere Einstellung. Die Komfortzone verlassen wir in der Regel nur, wenn wir müssen, nicht absolut freiwillig. Die "gute Beziehung" hat meiner Ansicht nach gar nichts mit Komfortzone oder nicht zu tun. Man kann sich selbst Ziele setzen oder sich in Situationen begeben, in denen man die Komfortzone verlässt (z.B. wenn ich mir vornehme, intensiver Sport zu machen).
    Aber wir haben sicher unterschiedliche "therapeutische" Ansätze. Ich bin ja auch ein Freund der "Provokativen Therapie" und arbeite sehr viel mehr mit Distanz.
    Herzliche Grüße und alles Gute für 2016
    Richard

    28.01.2016 14:39 | Antworten